Sonntag, 17. Januar 2021

Lebens-Spender-Wald Projekt: Zusammenfassung

Lebens-Spender-Wald Projekt
 
Jeder starke Baum war einmal eine kleine Pflanze, und jede große Tat beginnt mit einem guten Gedanken.
In Kooperation mit dem Waldverband Murtal (WVM), der Seckauer Waldgenossenschaft und der LFS Kobenz setzte das BG/BRG Judenburg im Fach BEE (Biological Environmental Experiences in English) mit Schülerinnen und Schülern der Oberstufe das Projekt „Lebens-Spender-Wald“ um. Ein Filmteam engagierter SchülerInnen des Wahlpflichtgegenstands Music and Arts dokumentierte das Geschehen fächerübergreifend.
Vier Module behandelten den klimafitten, standortgerechten Wald der Zukunft, Holz als Baustoff, das Wildmanagement und den Erholungsraum Wald. Mikroskopische Untersuchungen von Holz- und Bodenproben und chemische Experimente trafen auf Anwendungen aus der Land- und Forstwirtschaft und vereinten sich zu einem großen Nachhaltigkeitsprojekt.

 
Bereits in der ersten Schulwoche  begleitete uns Helga Wiedenhofer vom Unternehmen Graficom  während der Entwicklung des Projektlogos. Zwei Wochen später wurde das Projektvorhaben am Tremmelberg bei Kaiserwetter von den Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Waldpressekonferenz öffentlich vorgestellt.
Es ist keine Frage, dass der Klimawandel real ist und wir uns intensiv mit diesem Problem beschäftigen müssen. Dabei ist auch der Wald in seiner Existenz betroffen und auch die mit dem Wald verbundenen Wirtschaftssektoren. Denn steigt die Temperatur und sinkt im Gegensatz die Niederschlagsrate, geraten Wälder in Trockenstress, was sich wiederum auf die Forst- und Holzindustrie auswirkt. Somit muss ein Umdenken stattfinden
Im ersten Modul zum standortgerechten Wald, das vom ORF Landesstudio Steiermark begleitet wurde (https://www.youtube.com/watch?v=5JVzMs6JOrc), verglichen Schülerinnen und Schüler im Labor und anschließend im Freiland Nadelwald- und Laubwaldstandorte und bewiesen, dass Braunerdeböden, die im Laubwald ohne die saure Nadelauflage eine wesentlich höhere Pufferkapazität besitzen, aufgrund des Gneises im C-Horizont keinen Kalkgehalt aufweisen und eine starke, bereits gut zersetzte humusreiche Auflage tragen. Mischwälder können Störungen leichter ausgleichen und sind daher wenigeranfällig bezüglich klimatischer und biologischer Probleme. Die Unterstützung des Waldes als CO2-Senke demonstrierten die Schüler der LFS Kobenz durch Pflanzen von standortgerechten Bergahorn-Containerpflanzen mit dem passenden Verbiss- und Fegeschutz, Wertastung von bestehenden Bäumen für ein verstärktes Dickenwachstum und sorgfältige Auswahl zu fällender Bäume, um den verbleibenden Bäumen besseren Zugang zu Nährstoffen, Wasser und Licht zu gewährleisten und damit ihre Stabilität im Klimawandel bei möglicher Konfrontation mit extremen Wetterereignissen zu fördern. Beim abschließende Besuch im Holzinnovationszentrum HIZ in Zeltweg fräste ein Fräsroboter unser Logo bereits detailgetreu in Holz und wir erhielten die ersten T-Shirts mit unserem Design.
Das zweite Modul widmete sich in in Seckau bei leichtem Schneefall dem Wald als großem Ökosystem, dessen Lebensgemeinschaften in zunehmendem Maß Veränderungen durch menschlichen Einfluss ausgesetzt sind.
Der Schutzwaldreferent und Forstpädagoge DI Hannes Liebfahrt von der Steirischen Forstdirektion ließ uns  zuerst verschiedene Geweihstangen und das Gehörn einer Gams mit den Händen tastend erraten, dann gingen wir in den leicht angezuckerten Wald hinter der Abtei Seckau, wo wir Tierspuren von Hasen, dann Eschen, die  einem Pilz zum Opfer gefallen waren und auch eine sehr große Dachsburg mit den dazugehörigen Dachswechseln fanden. Wir durften ein Fuchs- und ein Dachsfell berühren und lernten zum Beispiel, dass Dachse mit Laub, dass sie nach unten bringen, ihre Burg mit der entstehenden Verrottungswärme „heizen“ und in großen Dachsbauen wie diesem Fuchs und Dachs die gleiche Burg benutzen können.  
Nach einem guten und wärmenden Mittagessen, dessen Tischgespräche sich weiter um Aspekte des Vormittags drehten,  vertiefte Amtstierarzt Univ.Doz.Dr. Armin Deutz das Thema anschließend in einem packenden Vortrag über den Wald als Lebensraum aus der Sicht des Wildes.
Unser heimisches Rotwild wird durch die vielfältige Nutzung des Waldes und die extreme Besiedlung in Europa samt dem Straßenbau zu Verhaltensänderungen gezwungen. In Österreich kommen teilweise mehrere Jäger auf 1 km2. Das kann unbeabsichtigt viele Störungen hintereinander beim Wild zur Folge haben, wo der eine Jäger nicht weiß, dass der andere auch grad in der Nähe ist oder war. Oder  wenn nach dem Motto „Gaudi pur, auf und neben der Spur“ schigefahren  wird, dann können Birkhühner, die im Winter im Schnee eingegraben schlafen, durch das drüber Fahren getötet werden.  Viele Faktoren wie die Witterung, die Jahreszeit, die Uhrzeit, Deckungsmöglichkeiten, die Bejagung, die Intensität von Störungen, das Geschlecht und das Äsungsverhalten beeinflussen das Fluchtverhalten. Die Rotwildfütterung kann hier zum Lenkungsinstrument werden. Früher zog das Wild hinunter in die Flussauen. Da ist heute meist eine stark befahrene Straße direkt daneben oder ein Feld, deshalb möchte man das Wild oben halten. Damit die Tiere in den hohen Lagen keine Bäume schälen, muss man das Füttern richtig machen: mit Heu oder Frostsilage und keine kurz gehäckselten Karotten oder Apfeltrester, weil im Kraftfutter der Strukturfaseranteil fehlt und sich die Tiere diese Fasern sonst erst recht über das Schälen holen müssen, weil sie die Faser zum Raufwürgen beim Wiederkäuen brauchen. Wir haben über den Lebensraum Wald aus der Perspektive der Waldtiere sehr viel Wissenswertes erfahren, es war ein sehr interessanter Vortrag!
Der Besuch der Christbaumzucht von DI Karl Sackl in St. Peter ob Judenburg, begleitet von einem Kamerateam von Kanal 3, stellte den Nachhaltigkeitsaspekt in der Produktion regionaler Nordmanntannen  in den Vordergrund und stimmte uns mit Kinderpunsch und Kuchen auf ein Weihnachtstück von Rupert Liebfahrt ein, das  von Schülern der LFS Kobenz in der Christbaumhalle aufgeführt wurde. Gestärkt durch Würstel und Heissgetränke beendeten wir den informativen und interessanten Projekttag, der für uns noch ein Nachspiel hatte:
Nach den Weihnachtsferien erwartete uns   ein unvergessliches  Erlebnis: wir durften mit  dem Direktor der LFS Kobenz, DI Peter Prietl durch tiefen Schnee  fahren, stapften noch ein Stück  und warteten danach geduldig hinter einer Schneewächte. Endlich blitzte im dichten Schneetreiben eine erste Geweihstange durch die  Zweige und  ein  Rotwildrudel kam majestätisch durch den dichten Schneefall aus dem Wald herunter zur Wildfütterung und ließ sich von uns beobachten. Beim heissen Tee in Kobenz  und noch lange danach erzählten wir von diesem Naturschauspiel!  
Das dritte Modul führte die BEE-Gruppe gemeinsam mit den SchülerInnen der LFS Kobenz  ins Holzinnovationszentrum Zeltweg (HIZ) und die benachbarte Pabst Holzindustrie GesmbH.
Im HIZ referierte DI(FH) Barbara Reichmann über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Holz und nannte dabei innovative österreichische Projekte wie das Hoho, das mit 85m weltweit höchste Holzhochhaus in Wien. Wir durften auch  den auf Schienen gleitenden Prototyp  der Sitzbänke für den Knittelfelder Hauptplatz testen. Florian Papst gab eine kurze Einführung in die Firmengeschichte des Werkes und führte uns durch die Pelletproduktion, das Leimbinderwerk, die  international gefragte Pferdeeinstreu-produktion Alpenspan und das Bretterwerk.
In der Prototypen-Werkstätte „Engineering Center Wood“ oder kurz  ECW erklärte  ein Mitarbeiter der ersten Gruppe die Arbeitsweise des Fräsroboters und zeigte verschiedene Werkstücke, die der Roboter bereits gefertigt hatte. Dann schnitt er Zirbenholz für unsere Zwecke zurecht und  nun bekamen wir die Möglichkeit, auch mit dem Werkstoff Holz arbeiten. Wir durften selbst den Roboter bedienen, der unser Logo in ein Werkstück hinein fräste und beim anschließenden Hobeln und Schleifen entfaltete sich der aromatische Duft des Holzes, der uns alle begeisterte. Als das Werkstück glatt in der Hand lag, war es fertig.  Jeder bekam ein Fläschchen mit Zirbenduftöl und  freute sich über seinen tollen Duftspender.
Die andere Gruppe wurde in der Zwischenzeit von Florian Papst durch die Firma Pabst geführt und besichtigte das Pelletswerk, Leimbinderwerk, die Pferdestreuproduktion Alpenspan und das Brettholzwerk.  Wir sahen auch einen Teil der computergesteuerten Fertigung eines Werbestandes für den Waldverband Steiermark. Dieser Werbestand wird aus Brettsperrholz gefertigt und gefräst und kommt zur Gänze  ohne Metall-oder andere Verbindungen aus. Unser Fazit lautet: Es war wirklich faszinierend zu erfahren, was aus Holz alles gemacht werden kann. Und wer mit Holz baut, betreibt aktiven Klimaschutz, durch die große Speicherung von CO² und seine  Wiederverwertbarkeit ohne Anfall von Sondermüll.
Im letzten Modul besuchte der Tross des Waldprojekts das Gymnasium. Ein Mikroskopierworkshop im Sciencesaal unter der Anleitung von HR Dir. Mag. Hans Mischlinger eröffnete unseren Gästen mit Unterstützung der  BEE-SchülerInnen eine neue Welt, in die sie begeistert eintauchten: die Digitalmikroskope beleuchteten die funkelnde Schönheit der holzanatomischen Strukturen von Zirbe, Winterlinde und Gemeiner Esche, die als solche die  Basis der unterschiedlichen Eigenschaften der Hölzer darstellen. Die mikroskopischen Schnitte wurden dazu mit Astrablue und Safranin gefärbt, der Überschuß der Farbstoffe mit Ethanol wieder ausgewaschen. Die faszinierenden Bilder zeigten die Strukturen, die im Baum zum einen für den Wassertransport nach oben und den Assimilatstrom nach unten verantwortlich sind und konnten zur späteren Nachbearbeitung mit den Digitalmikroskopen direkt elektronisch gespeichert werden.   
Mit einer Geschichte zur Frage „Wieviel Ruhe braucht der Wald?“  leitete Rupert Liebfahrt zum nächsten Projektpunkt über.  Mag. Perry Heyer, Waldbauer,  und  Sonja Hubmann als Vertreterin der Tourismusregion Murtal beleuchteten das Thema aus ihrer Sicht, das in Arbeitsgruppen noch vertieft wurde. Fazit: um Rücksicht nehmen zu können, soll man durch Aufklärung das Bewußtsein für Störendes, Schaden Anrichtendes und Personen gefährdendes Verhalten bei allen Gruppen von  Waldnutzern bilden.
Im Anschluss stellten wir  dazu im Murwald zwei Tafeln mit der Aufschrift „befristetes forstliches Sperrgebiet“ auf. Der Großteil der Passanten ignorierte die Tafeln und war sich im Interview nicht bewusst, dass die gesperrte Stelle auch ohne Arbeitslärm lebensgefährlich sein hätte können.
In der Nachbesprechung waren wir uns für die Zukunft einig: es ist für alle Menschen gleich wichtig, sich im Wald aufmerksam und rücksichtsvoll zu bewegen. Sei es, um Tieren den ihnen gebührenden sicheren Rückzugsort zu bewahren, die Aufbauarbeit der Waldbauern nicht zu gefährden oder Menschen den sicheren Aufenthalt im Erholungsraum Wald zu  ermöglichen.
Am Donnerstag, dem 23. Mai fand  die hochkarätige Schlusspräsentation des Projekts begleitet von Aichfeld TV im Beisein aller Projektpartner und der zehn Steirischen Waldverbände, moderiert von Rupert Liebfahrt und dem Obmann der steir. Waldverbände Paul Lang, in der Mehrzweckhalle in Kobenz statt.  Der Link war zum Filmbeitrag bei Redaktionsschluß noch nicht bekannt, ist aber auf der Schulhomepage zu finden.  
Besonderer Dank für ihre Unterstützung dieses Jahresprojektes gebührt an dieser Stelle  Rupert Liebfahrt (Obmann des WVM und Initiator), den Direktoren der beiden Schulen HR Mag. Johann Mischlinger und DI Peter Prietl, DI Josef Hafellner (LFS), Max Handlos (PR Management WV Steiermark), Peter Hasler als Geschäftsführer des WVM und Mathias Pickl-Herk (PR Management des WVM), sowie den Mitgliedern der Seckauer Waldgenossenschaft unter ihrem Obmann Hubert Pommer.
Das Engagement unserer Schulen, etwas Gutes für unsere Umwelt zu tun, endet nicht mit diesem Projekt und es endet auch nicht mit uns: bereits eine Woche nach dem vierten Modul pflanzten „unsere“ Kobenzer mit einer neuen Klasse des Gymnasiums, der 4DR, Tannen in Dietersdorf, um an diesem Standort die Klimafitness des Waldes zu erhöhen. Und neue Folgeprojekte sind im Rahmen von Global Education goes local (GEGL) geplant.
Denn es geht um unsere Zukunft.
Und wir bleiben dran.


Das BEE-Team  am BG/BRG Judenburg
Mag. Dr. Eva Gergely